Nebraska

Guten Moregn D. Es ist 6.28am und ich sitze frisch gebügelt und gestriegelt im Frühstücksraum des Hampton Inn in Nebraska. Bericht des gestrigen Tages. Nach dem Erwachen um 6.00am, durchfuhr es meinen Gatten. Er besteht auf seinen Urlaubsbart. Aber nicht irgendeinen Urlaubsbart. Nein. Es muss ein Oberlippenbart sein. Ich rolle die Augen, nicke müde und sanft und denke: Danke, dass zwischen den Menschen die ich kenne und uns mehrere tausend Meilen liegen. Ich stimme dem zu unter der Voraussetzung, dass es eine Dokumentation darüber gibt. Es wird mürrisch eingewilligt. Na wenn schon Oberlippenbart dann auch richtig. Allerdings muss ich sagen, dass es Männer gibt, denen ein solcher Herrenschmuck im Gesichte besser steht- Freddy Mercury zum Beispiel. Also ich werde dann berichten. Das Frühstück kommt einer Körperverletzung gleich. Ich bin wirklich nicht anspruchsvoll, dass wird jeder und jede gern bestätigen, aber das ist hart! Nur einen stört das nicht. Den Gatten. Fröhlich die fettigsten Würste der Welt reingepfiffen und mehrfaches schlabberiges Ei Käse Gemisch verschlungen. Während dieses zweifelhaften Vergnügens fällt ihm dann auch der Titel für seinen neuen Countrysong ein: My Love for you is like a Continental Breakfast. Ich will mir einen Bagel mit der Zange greifen, aber als dieser so garnicht nachgeben will lasse ich ihn liegen. Es ist ja auch Sonntag. Muss von gestern oder vorgestern sein das Biest. Ich schreibe Blog. Das sieht ungefähr, je nach Ort, so aus.


Der Mann packt das Auto. Die wunderbare Styroporkiste muss mit Eis befüllt werden. Das Prinzip ist einfach- Tüte unter den riesigen Automaten halten und auf einen Knopf drücken. Kurzer Ausflug: Wenn man bei Walmart einkaufen geht, steht neben der Kassiererin ein Rondell an dem rings herum Tüten aufgespannt sind. In diese wirft sie dann sämtliche Ware, je zwei in eine Tüte. Die Tüten sind nicht sehr groß und scheinen aus Löschpapier zu bestehen, sind also sehr dünn. Geht man nun mit einem mittelmäßig großen Einkauf aus dem Laden, können da schon mal acht Tüten zusammenkommen. Das Thema Müll werde ich jetzt nicht weiter vertiefen. Zurück zu den Tüten. DIESE benötige ich also ineinandergesteckt für das Eis. Es ist schwieriger als wenn man denkt die Eiswürfel in die nachgiebigen Tüten zu bekommen. Nach kurzen gescheiterten Versuchen gucke ich den Gang entlang- ich bin allein. Tüten mit beiden Händen unter die Ausschüttung gehalten und mit der großen Denkerinnenstirn die Taste gedrückt. Das muss besser gehen- darüber muss ich noch mal nachdenken. Morgen lasse ich das den Gatten machen. Der Ort Cheyenne ist sehr schön- very amerikanisch. Irgendwie ist hier ja aller very amerikanisch, aber das kann ganz unterschiedlich ausfallen. Cruisen durch Cheyenne. Ein Museum entdeckt „Cowgirls“, ein Museum, das sich mit der Rolle der Frauen in der Vergangenheit befasst. Wir werden heute entlang einer Bahnstrecke (ohne Personenbeförderung ) fahren. Dies prägt das Bild der Gegend.


Die Züge sind so lang, dass ich es nicht schaffe ihre Anhänger zu zählen. Habs mal gefilmt- braucht 3.21 Minuten bis er durch ist. Laaang und voller Kohle. Kohle, Kohle, Kohle. Make America Great Again. Läuft bei denen. Diese Züge Hupen gar grauslich beim Passieren von Straßen. Schranken gibt es, aber die werden nicht benutzt. Das kann daran liegen, dass sich das für die 1,6 Millionen Einwohner Nebraskas nicht lohnt. Da wohnen ja nur 9 People auf einem Quadratkilometer (im Vergleich bei uns 230). Und da das da alles so flach ist, können die neun Leute den Zug ja auch von Weiten schon sehen. Wir sind also los und haben uns noch ein paar Meilen den schönen Bundesstaat Wyoming ansehen dürfen. Einer meiner Favorites wenn sie mich fragen. Ewig nichts. Hin und wieder eine Farm. Ein Windrad mit ein paar müde dümpelnden Rindern drum rum. Sonst nichts! Wolken vielleicht noch. Die Orte sind klein und menschenleer. Einwohner (Pop) zwischen 261 und 658. In manchen halten wir an, um uns das mal genauer anzusehen. Man kommt sich vor wie in einem Film, in dem ein Virus die Erde von den Menschen erlöst hat und man selber ist immun. Dass dem nicht so ist, beweist ein wundervoller Geruch vom Grillen irgendwelchem Grillguts. Schnell weg, sonst bleibe ich für immer. Weiter geht’s. Eine Windhose gesehen. In Wyoming war das letzte Ziel einen Cache zu machen. Dieser lag auf dem Dwyer Cemetery. Wunderschön und mal ganz anders. Von Pionieren gemacht. 


Gleich hinter der Grenze zu Nebraska noch einen Cache gemacht. Unser Etappenziel heute ist Scottsbluff. Die gesamte Gegend ist von der Geschichte der langen Tracks von Osten nach Westen und der Besiedelung des Landes geprägt. Der Geschichte, in der die Ureinwohner den Kürzeren gezogen haben, was meiner Meinung nach nicht genug Beachtung findet. Wir wagen uns heute auf die Spuren des Oregon Trails. Wir besuchen einen Ort, an dem sich die Wagenräder über Jahrzehnte tief in das Gestein gegraben haben. Ich hatte mit ein paar Kratzern gerechnet und fand dies.


Tiefe Rinnen im Gestein, gegraben von zig Planwagen. Viele Menschen sind auf diesen Völkerwanderungen gestorben. Die Reise im 19 Jahrhundert war mit 3500 Kilometern sehr beschwerlich. Ab 1869 wurde diese unsägliche Planwagenfahrerei dann von der Eisenbahn abgelöst. Im Jahre 1835 sind 35.000 Menschen, alles Europäer, mit Planwagen durch diese Furchen gefahren. Und das über Jahrzehnte hinweg. Nächster Stopp das Register Cliff. Ein großer Felsen, in dem sich die Siedler verewigt haben. Sie kratzten ihre Namen in den weichen Sandstein. Auch Pelzhändler im 18. Jahrhundert und noch viel früher Ureinwohner haben sich dort verewigt. Rund 700 alte Einträge sind noch erhalten. Die anderen dort zu findenden sind von Nancy 2011 oder Brian 1981. Tja. Über die wird in ein paar hundert Jahren auch jemand staunen. Ich selber wäre allerdings nicht auf die Idee gekommen dort rumzuritzen. 


Wir fahren weiter zum National Monument Scottsbluff- eine Gesteinsformation, die einfach aus dem Boden ragt. Ein Fellfutzi, der sich im Jahre 1828 in der Gegend verletzt hatte, wurde von seinen Kumpels dort zurückgelassen. Traurige Geschichte. Sie nannten den Ort, den sie hinter sich ließen Scott und nach den Klippen Bluff. Man kann mit dem Auto dort hoch fahren und die Aussicht tief in das Land genießen. In der Ferne kann man den Chimney Rock sehen, der Morgen auf unserer Reise dran ist. Ansonsten sieht es etwas aus wie die Aussicht vom Pfälzer Wald in die Ebene nur ohne Kirchen. Im Visitor Center haben wir uns einen Film über den Oregon Trail und die Gegend angesehen. Sehr schön gemacht. Besuche in Visitor Centern (Centers, Centren) lohnen sich immer. Alles ist sehr liebevoll gemacht. So erfährt man zum Beispiel, dass eine Frau Namen habe ich leider vergessen) unter einem Wagenrad begraben am Oregon Trail liegt. Sie ist das Monument für alle verstorbenen Frauen dieser Zeit. Die Cholere hat sie gerafft wie viele andere auch. Über Frauen wird wenig berichtet. Es gibt zwar Tagebücher, aber die Rolle der Frau bleibt wohl unterschätzt. Wer will aber auf solchen Reisen A) Kinder versorgen und B) kriegen? Harter Job! 


Dies ist nur ein Bruchteil des Ganzen, aber ich wollte den Planwagen mit drauf haben. Unsere Reise führt uns nun nach Scottsbluff. Im Grunde keine Reise wert. Das ist auch mal ganz schön, dann hat man abends nicht den Druck unbedingt noch mal los zu müssen. Wir checken ein und stellen mit Begeisterung das Vorhandensein einer Microwave (Mikrowelle) fest. Tirili- ab zu Walmart. Um die Öffnungszeiten muss man sich da keine Sorgen machen 24/7. Wir kaufen Kekse für die Fahrt und Chips und Microwavefood. Und Bier. Blue Moon in Flaschen. Ich bin begeistert. An der Kasse wo die tausend Tüten warten sagt die Verkäuferin so was wie: „Ich darf das Bier nicht berühren. Stellen Sie es bitte hinten auf das Band.“ Gesagt getan. Um es dann abzurechnen kommt eine andere Frau, die das 21. Lebensjahr deutlich überschritten hat und somit autorisiert ist das Bier zu berühren. Die haben Sorgen. Bier nicht anfassen dürfen. Da lachen ja die Hühner. Das Microwavemenu ist ein Grenzerfahrung. Wir rütern noch ein bisschen rum, wobei mir mein Gatte die Wollhandschuhe zeigt die er mitgenommen hat. Ich bin gespannt, ob er die noch brauchen wird. Ich gehe schlafen. Der Gatte geht im hauseigenen Schwimmbad planschen. Gute Nacht America.

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